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Malende Frauen - Kunst als Hobby?
(Redeauszug)


 “... Ein Künstler – kein ganz Großer, der am Ende einer Karriere steht – steht meist spät auf, frühstückt in Ruhe, liest Zeitung, denkt über ein Bild nach und begrüßt mittags seine Frau, wenn sie von der Arbeit oder dem Einkauf kommt. Nachmittags geht er ins Atelier, denn dann wird es unruhig wegen der Kinder, und er braucht seine Ruhe.
Nie würde er sich scheiden lassen – wenigstens nicht, solange er kaum Bilder verkauft, denn sie verdient den Lebensunterhalt und sorgt dafür, dass es genügend Leinwände und Farbtuben gibt, damit große Werke entstehen. Sie versteht ihn. Sie unterstützt ihn. Sie glaubt an ihn. Geht ins Büro und hält ihm die Alltagssorgen fern.

Er malt, liest die „ART“, diskutiert mit Kollegen, trinkt dabei Rotwein. Er ist manchmal launisch, denn oft stehen Selbstzweifel und Euphorie kampfeslustig gegenüber, vor einem Bild, vor einer Ausstellung oder wenn der Galerist zu sehr auf die Erwartungsbremse tritt.

 

 Eine Künstlerin – keine ganz Große, die am Ende einer Karriere steht – malt, wenn sie Zeit hat, und das ist selten der Fall. Kaum hat sie eine Idee gehabt oder ein Bild begonnen, muss sie ihren Gedankenfluss unterbrechen. Die Kinder hierhin und dorthin bringen, einkaufen, kochen, Schularbeiten, Bankgeschäfte, Telefonate, alle Erledigungen des Alltags sind dringend, irgendwer muss sie machen, und sie arbeitet ja nicht „richtig“ oder nur halbtags.

Sie hat nachgerechnet: drei Tage á 40 Minuten, zwei Tage á 30 Minuten, am Sonntag gingen sie spazieren und besuchten anschließend die Eltern. In einer Woche als Künstlerin schaffte sie eine kleine Skizze, vier wanderten in den Papierkorb.

Sie hat ein Atelier, eine kleine Kammer, die nach dem Einzug übrig blieb. Dort sortiert sie wochentags ihre Materialien, meist nur, um sich durch sie inspirieren zu lassen, denn ein kontinuierliches Arbeiten ohne Unterbrechung ist nicht möglich.

Abends kann sie oft nicht einschlafen und denkt über ein Bild nach und wie sie es malen wird.

Sie hat eine tolle Idee, ist aufgeregt – und sie vertröstet sich auf Samstag, denn diesen Tag hat sie sich als „Maltag“ ausbedungen. Ausschlafen und dann ran an die Palette. Von 14 – 19 Uhr, vielleicht auch länger. Ihr Mann macht das Abendbrot und die Kinder sehen „Wetten das“. Hoffentlich kommt kein Besuch. Schon der letzte Samstag fiel aus- das Wetter trieb die Menschen zum Grillen in den Garten.

Sie malt nur noch samstags wegen der Schlafstörungen, die sie sich unter der Woche nicht leisten kann. Wenn sie an einem Bild arbeitet, kreisen die Gedanken, der Körper schüttet Endorphine aus, sie kann nicht abschalten. Eine Folge der Unregelmäßigkeit, der Angst, durch die bevorstehende Unterbrechungen den Faden zu verlieren.

Am Samstag im Atelier weiß sie nicht, was sie machen soll. Es gibt zu viele Ideen, und nichts kann man in vier Stunden umsetzen. Höchstens beginnen. Sie ist blockiert – müht sich mit einer Skizze, die sogar recht gut wird. Freut sich auf den nächsten Samstag.
Sie ist schon um 18 Uhr wieder bei der Familie. „Wieso bügelst du? Wolltest du nicht malen?“

 

Beide Szenen sind reine Klischees, natürlich.

  * Es gibt den Künstler, der fleißiger als jeder Handwerker schuftet und um seine Kunst ringt.
  * Es gibt die Künstlerin, die allen Widerständen zum Trotz ihren Weg geht und dieser Weg hat einen sozialen Preis.
  * Es gibt die Künstlerin, deren Mann ihr den Rücken frei hält und sie – wo es nur geht- unterstützt. Oft sind diese Paare schon lange zusammen.

 Aber es ist eine Tatsache, dass Frauen es schwerer haben, frei von Zwängen künstlerisch arbeiten zu können. Nicht immer hat ein böser Wille dabei seine Hand im Spiel, sondern es sind oft die Umstände des Zusammenlebens oder die Notwendigkeit, einem Brotberuf nachgehen zu müssen. Auf finanzielle Sicherheit oder auf soziales und familiäres Leben zu verzichten, fällt schwer. Dies gilt für alle Kunstschaffenden.

Aber: Kann man auf zwei Hochzeiten erfolgreich tanzen?

Die Frage ist falsch gestellt:  Meist muss man. Aber Frauen eher als Männer.

 Ein Maler gilt als Maler, auch wenn er nur wenig verkauft. Seine Wahrnehmung als Künstlerperson ist dabei nicht unbedingt vom finanziellen Erfolg abhängig. Der Alltag hat sich seinen Zielen unterzuordnen, und wenn dies geschieht, gilt er als ernsthafter Künstler. Würde er sonst dieses Leben führen? Auf einen anerkannten Beruf und eigenes Einkommen verzichten?

 Eine Frau, die wenig verkauft, hat in den Augen der meisten ein Hobby. Ihr künstlerisches Schaffen wird zu einer Nebensache degradiert. Bekannte sehen das so, Freunde sehen das so, und am Ende die Künstlerin selbst. Ihr künstlerisches Schaffen hat seinen Platz außerhalb des Alltags – also wenn es die Zeit erlaubt.

 „Malen ist keine ernst zu nehmende Einnahmequelle, also nur Hobby“. Ein solches Argument würde man einem Mann niemals zumuten.

 Was bleibt, ist oft eine Unzufriedenheit mit sich selbst und der eigenen Kompromissbereitschaft ... “

B. Fische
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